28.10.2021
TPS Redaktion, Friederike Falkenberg

Schwanger in der Pandemie: Von Vorfreude bis Berufsverbot

Ein Baby kündigt sich an. Wie schön! Aber während einer Pandemie auch ganz schön kompliziert. Wir sprachen mit Erzieherin Maria aus Köln über die Hürden und Besonderheiten in einer Zeit, die immer noch anders ist.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass Sie schwanger sind?

Ich war total verwirrt. Ich war mir eigentlich schon sicher, dass es nicht geklappt hat. Als ich dann doch noch einmal einen Test machte, war ich überrascht. Ich wusste, egal wie zart der zweite Strich ist, ich bin auf jeden Fall schwanger.

War Ihnen direkt klar, dass Sie nicht mehr arbeiten würden?

Ja, die Tendenz war schon da. Es war ein geplantes Kind, von daher wussten wir, was auf uns zukommt. Erstens war ich beim gleichen Arbeitgeber wie bei meiner ersten Schwangerschaft. Ich kannte schon die Umstände und den Beurteilungsbogen, den die Kita ausfüllen muss. Da werden solche Themen wie Lärmschutz, Personalraum und sowas abgefragt. Zweitens war aufgrund von Corona die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich direkt raus bin.

Sie haben jetzt ein Beschäftigungsverbot. Hätte es auch die Möglichkeit gegeben, dass Sie noch weiterarbeiten?

Das Berufsverbot hab ich vom Betriebsarzt bekommen, zu dem jede Erzieherin im Falle einer Schwangerschaft muss. Dort wird in den Impfpass geschaut und mögliche gesundheitliche Risiken werden abgeklärt. Diesmal wurde ich gar nicht untersucht, da der Arzt durch Corona direkt die weitere Arbeit in der Kita ausgeschlossen hat. So bekam ich ein Berufsverbot. Wenn es nur eine Entscheidung des Arbeitgebers gewesen wäre, hätte ich unter bestimmten Auflagen weiterarbeiten können, wenn ich gewollt hätte. Dann hätte ich aber für Untersuchungen freigestellt werden müssen und wäre durch die üblichen Wehwehchen einer Schwangerschaft eingeschränkt gewesen. So konnte direkt Ersatz für mich gesucht werden.

Ist oder war es ein Thema, von zu Hause aus Arbeit zu übernehmen?

Ja, das habe ich direkt angeboten. Ich könnte mich zum Beispiel um Fotos für die Bildungsdokumentation entwickeln lassen oder Besorgungen machen, aber dazu ist es bisher nicht gekommen. Wahrscheinlich wäre der organisatorische Aufwand größer als der Nutzen. 

Wie war die Reaktion Ihrer Chefin, als Sie ihr von der Schwangerschaft berichteten?

Da sie schon wusste, dass ich eine Schwangerschaft plane, war sie nicht überrascht. Es war dann einerseits Freude für mich und andererseits „Oh Mist, was kommt auf uns zu?“. Sie hat sich gesorgt angesichts der Hürden, die auf die Kolleginnen gewartet haben. Die Personallage war schon vor meiner Schwangerschaft angespannt.

Sie haben Ihren Kinderwunsch von Anfang an offen kommuniziert. Würden Sie das wieder tun?

In meinem Fall war es nicht schlecht. Dadurch, dass ich meinen Arbeitgeber schon vorher kannte, wusste ich ganz genau, worauf ich mich einlasse und konnte mit offenen Karten spielen. Das geht aber nicht immer gut. In der Kita, in der ich früher arbeitete, habe ich der Leitung meine Entscheidung zu kündigen viel früher mitgeteilt als nötig. Diese hat mich dann aus allem rausgezogen und mir die schlechten Dienste zugeteilt. Da hätte ich im Nachhinein lieber den Mund gehalten. Aber diesmal wusste ich, dass ich offen sein kann und auch möchte, weil mir wichtig ist, dass der Laden weiterläuft. Hier war es für mich nicht zum Nachteil. Ich wurde trotzdem normal, kollegial und menschlich behandelt.

Konnten Sie sich von den Kindern verabschieden?

Nein. Verabschiedet habe ich mich nicht. Das war mir ein zu hohes Risiko. Die Kinder sind nun mal alle ungeimpft. Hinzu kommt, dass es in der Kita, in der ich arbeite, tatsächlich keine gesonderte Personaltoilette gibt. Und wir gehen immer auf einen öffentlichen Spielplatz, dadurch steigt das Toxoplasmose-Risiko. Dem wollte ich nicht täglich ausgesetzt sein. Zu meinen Kolleginnen und dem Vorstand halte ich aber noch Kontakt. Ich wurde zur Sankt- Martins-Feier eingeladen. Da diese überwiegend draußen stattfindet, könnte ich mir vorstellen, daran teilzunehmen.

Was würden Sie Erzieherinnen raten, die jetzt schwanger sind oder es werden wollen?

Das hängt immer von der Kita ab, das ist ja sehr individuell. Wie sind die Räumlichkeiten und die Art zu arbeiten, wie ist die personelle Struktur? Und jeder Mensch hat seine eigenen Prinzipien und Ängste. Für mich war es zum Beispiel eine Voraussetzung, mich impfen zu lassen, bevor ich schwanger werde. Damit ich einfach entspannter durchs Leben laufe. Meine Empfehlung ist auf jeden Fall, eigenes Wissen zu haben über das Thema. Was gibt der Mutterschutz alles vor? Wie ist die rechtliche Lage? Was steht mir zu? Dass man das entweder vorher mit dem Arbeitgeber abspricht oder sich selbst informiert.

Was ist in dieser Schwangerschaft anders als in Ihrer ersten, vor der Pandemie?

Der größte Unterschied ist eigentlich nicht die Pandemie, sondern dass ich jetzt noch ein Kleinkind habe, das meine Aufmerksamkeit braucht. An manchen Tagen vergesse ich komplett, dass ich schwanger bin. Ich bin froh, dass es mir gut geht und ich jeden Tag überstehe. Irgendwas ist immer: Die Tagesmutter hat zu, mein Sohn ist krank oder hat den nächsten Entwicklungsschub. Ich kann mich einfach nicht zurücklehnen. Aber ein großer Unterschied sind natürlich Treffen mit Freunden. Neulich waren wir für ein Fotoshooting eine größere Gruppe und da hab ich gefragt, ob jeder vorher einen Test machen kann. Oder wenn ich mit meinem Sohn zum Kinderturnen gehe, behalte ich immer als Einzige meine Maske auf.

Gibt es auch Einschränkungen für die Arztbesuche?

Ja, genau! Ich habe schon Bauchschmerzen, wenn ich an die Geburt denke. Es ist mir sehr, sehr wichtig, dass mein Mann von Anfang an dabei sein kann. Dementsprechend werde ich diesmal das Krankenhaus aussuchen. Und weniger darauf achten, wo es liegt oder wie die Zimmer eingerichtet sind. Hauptsache, mein Mann darf die ganze Zeit bei mir sein. Zu den Arztterminen durfte er zunächst gar nicht mit. Das hat mich sehr belastet und meine Ärztin hat das gemerkt. Sie kennt mich schon aus der ersten Schwangerschaft und diesmal habe ich einfach so viel weniger Vorfreude empfunden und hatte ganz andere Beschwerden. Sie hat mir dann gesagt, ich solle meinen Mann beim nächsten Mal mitbringen. Sie wusste, dass wir beide geimpft sind und hat eine Ausnahme gemacht. Das war für uns beide eine enorme Hilfe. So konnten wir den Moment gemeinsam erleben, das Herzchen schlagen hören und Ultraschall-Bilder sehen.

Was würden Sie sich anders wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?

Dass mein Mann mehr zu Hause wäre. Er arbeitet in der Veranstaltungsbranche, da geht es jetzt wieder richtig los. Das ist so ein großer Unterschied. Ich bekomme Berufsverbot und er arbeitet wieder pausenlos. Und dann hoffe ich natürlich, dass nächstes Jahr alles wieder ein bisschen entspannter ist und alles gut wird.

Maria (die ihren Nachnamen hier nicht lesen möchte) ist Erzieherin im Elementarbereich in einer Elterninitiative. Sie lebt mit Mann und Sohn in Köln. Ihr zweites Kind wird im Frühjahr zur Welt kommen.

 

Schwanger! Und jetzt?

  •  Möglichst früh: Arbeitgeber:in informieren. Sicherheit geht vor. Damit Sie sich und ihr Baby bestmöglich schützen können, sollten Sie Ihren Arbeitgeber oder Ihre Arbeitgeberin möglichst frühzeitig über die Schwangerschaft informieren. Sobald das geschehen ist, muss der Arbeitgeber eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung ausfüllen und mögliche Gefahren beseitigen. In Kindergärten sind das vor allem Infektionsrisiken und Lärmbelastung. In Zeiten von Corona kommen zusätzliche Hygiene- und Abstandsregelungen hinzu.
  • Möglichst gründlich: Von der Betriebsärztin untersuchen lassen. Hier wird geprüft, welche Immunitäten Sie haben und Sie werden beraten. Die Immunität kann meistens durch den Impfpass festgestellt werden, im Zweifel kann Ihnen Blut abgenommen werden. Jede körperliche Untersuchung ist aber freiwillig.  Natürlich dürfen Sie eigene Bedenken äußern. Auch Betriebsärzt:innen unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.
  • Möglichst sicher: Beschäftigungsverbot erteilen lassen. Kann die Arbeitgeber:in die Gefahren und Risiken nicht beheben oder Ihnen eine alternative Arbeit anbieten, bekommen Sie ein Beschäftigungsverbot erteilt. Momentan wird in vielen Bundesländern direkt nach Bekanntwerden einer Schwangerschaft ein ärztliches Beschäftigungsverbot erteilt, weil die coronabedingten Hygiene- und Abstandsregelungen in der Arbeit mit Kindern nur schwer einzuhalten sind.

(Quelle und weitere Informationen unter: www.bmfsfj.de und www.mags.nrw)

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