02.07.2019
Bernd Herzog-Schlark
Sally Anscombe // GettyImages

7 Argumente: Zu Fuß in die Kita

Die meisten Ihrer Kinder werden mit dem Auto in die Kita gefahren? Wir haben Ihnen 7 Argumente zusammengestellt, welche die Meinung der Eltern ins Umdenken bringen: Damit erleichtern Sie die Entscheidung, doch auch mal die eigenen Beine zur Fortbewegung zu nutzen und gemeinsam mit den Kindern zu Fuß in die Kita zu laufen.

Zu Fuß in die Kita laufen: Dieser Weg wird ein leichter sein

Es gibt sehr gute Gründe, den Kindergartenweg zu Fuß zu bestreiten. Die wichtigsten Argumente sind hier aufgelistet:

1. Argument – Bewegungsmangel vorbeugen

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben immer mehr Menschen an den Folgen von Bewegungsmangel. Bereits Grundschulkinder besitzen einen schwachen Kreislauf oder erniedrigte Blutdruckwerte. In Deutschland hat die Zahl der übergewichtigen Schulanfänger in den letzten Jahren stark zugenommen. Auch die motorischen Leistungen von 4- bis 6-jährigen Kindern haben nachweislich nachgelassen.

2. Argument – Luftbelastung vermeiden

Immer mehr Eltern fahren ihre Kinder mit dem Auto zum Sport oder zum Kindergarten, mit der Begründung, dass Bewegung zwar nützlich ist, das Kind aber vor der schlechten Luft im Straßenverkehr geschützt werden soll. Messungen ergaben allerdings im Innenraum der Autos im Vergleich zum Bürgersteig um ca. 40 Prozent bis 60 Prozent höhere Kohlenmonoxid- und Stickstoff-Konzentrationen. Wer hier wirklich das Kind schützen möchte, muss bei den Ursachen ansetzen: Für die Luftverschmutzung wird häufig als Indikator Kohlendioxid CO2 verwendet. Ein nicht unerheblicher Teil stammt aus Autoabgasen.

3. Argument – die räumliche Wahrnehmung fördern

In Deutschland wird seit der Veröffentlichung der PISA-Studie verstärkt über Bildung gesprochen. Im Vorschulbereich werden bereits wichtige „Bildungsweichen“ gestellt. Die Zeit in der Kindertagesstätte ist ein Lebensabschnitt, in dem das Lernen gelernt wird.

Ein nicht ganz unwesentliches Problem ist dabei, dass Kinder zunehmend mehr Schwierigkeiten damit haben, räumliche Zusammenhänge zu erkennen, wenn sie die Zwischenräume ihrer Lebensstationen nur noch durchfahren. Was Wissenschaftler als Verinselung der Kindheit bezeichnen, wirkt sich auch beim Lernen in anderen Bereichen aus. So wurde zum Beispiel herausgefunden, dass Kinder mit einem gestörten Raum-Gefühl größere Schwierigkeiten bei der Erfassung mathematischer Zusammenhänge haben können als andere Kinder.

Bildung ist mehr als das abfragbare und benotbare Wissen. Es ist das grundsätzliche Interesse am Weiterlernen, beinhaltet Selbstständigkeit und Teamfähigkeit. Kinder erleben zuerst durch ihre körperlichen Aktivitäten, dass sie selbst imstande sind, etwas zu leisten. Mit Eltern und anderen Kindern zum Kindergarten zu gehen, wirkt sich positiv auf das Sozialverhalten und das Selbstbewusstsein aus.

4. Argument – Verkehrskompetenz fördern

Deutschland nimmt weiterhin eine traurige Spitzenposition in Europa hinsichtlich des Risikos von Kindern ein, bei Verkehrsunfällen zu verunglücken oder getötet zu werden. Die Berichterstattung in den Medien über Kinderverkehrsunfälle erschreckt verständlicherweise nicht nur die Eltern und Erzieherinnen. Doch durch Elterntaxis sind die Kinder nicht vor Verkehrsunfällen zu schützen. In den letzten Jahren ist der
Anteil der als Mitfahrer im Auto verunglückten Kinder kontinuierlich gestiegen. Das Argument der für die Kinder unzumutbaren Straßensituation mag im Einzelfall zutreffen, steht aber im Bundesdurchschnitt auf eher wackligen Füßen: Unter 5 Prozent der Kindergartenwege verlaufen auch über Außerortsstraßen mit viel Verkehr, was man wohl für einen Fußweg mit kleinen Kindern zurecht als Angstsituation bezeichnen kann. Etwa 85 Prozent der Wege befinden sich in örtlichen Anliegerund Wohnstraßen.

Das von den Kindern selbst zu beeinflussende Unfallrisiko ist nur mit einem zweiseitigen Übungsprogramm zu vermindern:

  1. Fußwege mit den Eltern und
  2. Außerhaus-Aktivitäten der Kindertagesstätte.

Kinder in diesem Alter können nur als Fußgänger wahrnehmen, welche Gefahren von anderen Verkehrsteilnehmern ausgehen, jede andere Mobilität ist zu schnell. Nur so können sie erkennen, wie leicht man sich selbst gefährdet und wie man durch eigenes Fehlverhalten zu einer Gefahr für andere werden kann. Kinder werden durch das Zum-Kindergarten-gefahren-Werden nicht sicherer im Straßenverkehr, ihr Unfallrisiko verschiebt sich lediglich.

5. Argument – Identifikation mit dem Wohnumfeld

Einige Eltern können sich möglicherweise gemeinsame Fußwege zum Kindergarten vorstellen, haben aber schon jetzt Befürchtungen vor dem Zeitpunkt, wo ihre Kinder einmal allein zu Fuß zur Schule gehen werden. Von Kindesentführungen oder -belästigungen liest man immer wieder in der Zeitung. Das Auto erscheint als verlängerte Wohnstube erst einmal sicherer.

Doch zum einen werden die Städte und Gemeinden nicht menschlicher, wenn man aus Angst die Kinder nicht mehr auf die Straßen lässt. Zum anderen verhindert man damit die Identifikation der Kinder mit ihrem Wohnumfeld. Darüber hinaus aber nimmt die soziale Sicherheit ab, je höher der Autoanteil in den Straßen ist.

6. Argument – Naturbewusstsein entwickeln

Kindertagesstätten und Kindergärten bieten dazu zwei Möglichkeiten: den gemeinsamen Ausflug und die Wege von und zur Wohnung der Kinder. Dabei ist zu beachten, dass in städtischer Umgebung ein kleiner Park, eine Platzbegrünung oder auch nur ein einzelner Baum das erste wahrgenommene Naturerlebnis für die Kinder darstellen kann. Deshalb bieten sich zur Vertiefung durchaus gemeinsame Begehungen der Wohnung-Kindergarten-Wege der einzelnen Kinder als Ausflüge an, um den Blick gerade für wenig Natur auf dem Weg zu schärfen.

7. Argument – mehr Zeit für Ihre Kinder

Das Fahren der Kinder zum Kindergarten ist in der Regel nur der Einstieg in die sogenannte Begleitmobilität, die sich oft bis in das späte Jugendalter der eigenen Kinder erstreckt. Eine Studie aus England weist nach, dass Eltern etwa 120 bis 150 Stunden im Jahr pro Kind mit Transportwegen zubringen. Wer sich in der Vorschulzeit und in den ersten Monaten nach der Einschulung ein wenig mehr Zeit nimmt, um mit den Kindern durchaus auch einmal ein wenig trödelnd den Weg z. B. vom Kindergarten nach Hause zurückzulegen, hat später mehr Zeit.

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