08.10.2019
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Mit Hund – aber sicher! Hunde in der Kindertagespflege

Ein Hund im Haushalt der Tagesmutter ist für viele Kinder ein Gewinn, doch es gehen auch Risiken damit einher. Lesen Sie hier Tipps, damit es gar nicht erst zu einem Schaden bei Kind oder Tier kommt – und was die Rechtsprechung zum Thema „Tierhaltung in der Kindertagespflege“ sagt.

Text: IRIS VIERHELLER
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Tiere können den Entwicklungsprozess von Kindern positiv beeinflussen. Der Kontakt mit Tieren kann soziale Kompetenzen wie Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen stärken. Studien zufolge sind Kinder, die mit Haustieren aufwachsen, in der Regel kooperativer und weniger aggressiv als Kinder, die ohne Haustiere aufwachsen.(1) Insofern kann es von Vorteil sein, wenn Tagespflegepersonen Haustiere haben. Eltern ist dies zum Teil auch ganz recht, insbesondere, wenn sie selbst keine Haustiere halten können oder wollen. Allerdings ergeben sich aus der Tierhaltung und insbesondere aus der Hundehaltung auch Risiken für die betreuten Kinder. Sie können durch das Verhalten der Tiere oder auch durch Mängel in der Hygiene zu Schaden kommen.

Leidet das Tageskind unter einer Tierhaarallergie, scheidet die Aufnahme des Kindes in einen Haushalt, in dem Hunde oder andere Haustiere gehalten werden, in der Regel aus. Es gibt zwar Hunde, die speziell für Allergiker gezüchtet wurden und im Regelfall keine allergischen Reaktionen auslösen sollten (z. B. Goldendoodle, Labradoodle). Davon abgesehen, dass die Wirkung zum Teil noch umstritten ist, kann auch der Speichel der Tiere allergische Reaktionen auslösen, sodass die Eltern genau abwägen sollten, ob sie das Risiko bei allergischen Kindern eingehen wollen.

Bisher wenig Rechtsprechung

In der Rechtsprechung gibt es zum Themenfeld „Tierhaltung in der Kindertagespflege“ bisher nur wenige Entscheidungen. In eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (2) ging es um – mit einer Katzenhaltung verbundene – Hygienemängel. Moniert wurde im Hinblick auf die Keimbelastung durch Katzenspeichel, dass die Kinder ungehinderten Zugang zu den Katzennäpfen hatten. Zudem war nach Auffassung des Gerichts aus der Weigerung der Tagespflegeperson, die Näpfe aus dem für Kinder zugänglichen Bereich zu entfernen, auf mangelndes Problembewusstsein zu schließen.

In einem älteren Fall (3) befasste sich das Gericht mit einer Hundezucht mit fünf ausgewachsenen Hunden (Australian Shep herds), in dem es offenbar nicht möglich war, durch klare räumliche Trennung einen ungewollten Kontakt zwischen den Tieren und den Kindern zu verhindern. Im Hinblick auf die große Zahl der Hunde und die Anzahl und das ge ringe Alter der Tageskinder konnte es nach Einschätzung des Gerichts auch bei Anwesenheit der erfahrenen Hundehalterin zu nicht mehr beherrschbaren Gefahren kommen. Hält eine Tagespflegeperson nur einen Hund und achtet sie auf ausreichende Hygiene, dürften zumindest die Argumente der genannten Entscheidungen nicht zum Tragen kommen.

Auch der liebste Hund kann beißen

In jedem Fall ist jedoch abzuwägen, wie hoch das Risiko der Hundehaltung ist, und zu klären, wie die Tagespflegeperson damit umgeht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch der liebste Hund in bestimmten Situationen schnappen oder zubeißen kann.

Gerade jüngere Kinder sind im Umgang mit Hunden noch unbedarft und können so in Situationen kommen, die ihnen gefährlich werden können. Das kann zum Beispiel geschehen, wenn das Kind dem Hund etwas wegnimmt (Futter, Hundespielzeug, Kauknochen o. Ä.), wenn es – aus Hundesicht – bedrohliches Verhalten an den Tag legt (z. B. starrer Blickkontakt mit dem Tier hält), den Jagdinstinkt weckt (etwa durch Weglaufen vor dem Hund) oder das Tier ärgert, erschreckt oder ihm Schmerzen bereitet (z. B. durch zu festes Zupacken).

Auch wenn das Kind bereits andere Hunde kennt (z. B. aus der eigenen Familie oder dem Bekanntenkreis), ist unangemessenes Verhalten des Kindes nicht ausgeschlossen. Jeder Hund ist anders. Was der eine Hund toleriert, kann dem anderen bereits zu viel sein und entsprechende Abwehrreaktionen auslösen. Die Tagespflegeperson sollte dafür Sorge tragen, dass sie immer den Überblick über das Geschehen behält und den Hund nie mit den Kindern allein lässt. Das Risiko, das von dem Hund ausgeht, sollte ihr bewusst sein und sie sollte ein Konzept haben, wie sie die Risiken minimieren kann. Abwiegelnde Sätze wie „Der will nur spielen, der tut nichts“ deuten auf mangelndes Problembewusstsein hin.

Wichtig ist zudem, dass die Tagespflegeperson die Kinder beim Umgang mit dem Hund anleitet und unterstützt und darauf hinwirkt, dass auch dessen Bedürfnisse respektiert werden. Sie sollte außerdem dafür Sorge tragen, dass der Hund ihr gut gehorcht, verträglich mit Kindern ist und regelmäßig Floh- und Zeckenprophylaxe, Wurmkuren sowie die Impfungen nach den tierärztlichen Empfehlungen erhält.

Hundehalter haften für Schäden, die durch den Hund verursacht werden. Es handelt sich dabei um eine reine Gefährdungshaftung, das heißt, dass es auf ein Verschulden des Hundehalters in aller Regel nicht ankommt. Da die Schäden nicht über eine private Haftpflichtversicherung gedeckt sind, ist eine spezielle Tierhalterhaftpflichtversicherung erforderlich, deren Abschluss generell und insbesondere Tagespflegepersonen anzuraten ist.

Empfehlungen und weitere Informationen

Hundehaltern empfiehlt sich grundsätzlich der Besuch einer Hundeschule und Tagespflegepersonen gegebenenfalls auch eine konkrete Einzelberatung durch erfahrene Hundetrainerinnen oder -trainer, die – bezogen auf das Wesen des Hundes – Tipps zum richtigen Verhalten und dem Einsatz in der Kinderbetreuung geben können.

Zum Thema „Hundehaltung in der Kindertagespflege“ könnten auch spezielle Seminare zum Beispiel im Rahmen der Aufbauqualifizierung angeboten werden. Die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen hat zum Thema „Hundehaltung in der Kindertagespflege“ (4) Hinweise herausgegeben, die zum einen die möglichen Gefahren darstellen und zum anderen Handlungsanleitungen für die Praxis bieten. In dem Papier wird unter anderem auf ein Dokument des Verbands des Deutschen Hundewesens mit dem Titel „12 Regeln für den Umgang mit Hunden“ 5 hingewiesen, das zwar eher für ältere Kinder bestimmt ist, aber auch allgemein gute Tipps zum Umgang von Kindern mit Hunden gibt.

Empfohlen wird zudem die Broschüre „Kinder und Tiere. Sicher geht das“6, die von der BAG „Mehr Sicherheit für Kinder“ und dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft herausgegeben wurde.

Anmerkungen
(1) Broschüre „Kinder und Tiere. Sicher geht das!“ m. w. N., Herausgeber BAG Mehr Sicherheit für Kinder und DVG, 2015.
(2) OVG Nordrhein-Westfalen, 11. 09 .2018 – 12 B 503/18.
(3) OVG Nordrhein-Westfalen, 27. 06. 2011 – 12 B 507/11.
(4) UK NRW, September 2018, https://www.unfallkasse-nrw.de/fileadmin/server/ download/PDF_2018/Hundehaltung.pdf.
(5) Verband für das Deutsche Hundewesen, 2006, https://www.vdh.de/fileadmin/ media/hundehalter/kind_hund/12_regeln.pdf .
(6) 1. Auflage 2015, https://www.kindersicherheit.de/fileadmin/user_upload/Service/Bestellservice/Broschueren/Kinder-und-Tiere_webversion.pdf.

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