27.09.2019
Judith Metz
Redaktion

„Bei Wut fühl ich mich zackig“ – Kinder über Streit

Was denken Kindergartenkinder über Streit? Wie fühlen sie sich, wenn sie in Zwist geraten mit Freunden, Geschwistern oder Eltern? − Fünf Kinder der evangelischen Kita „Schatzkiste“ haben sich mit ihrer Erzieherin Judith Metz über Streit und Versöhnung ausgetauscht und Bilder dazu gemalt.

Text: Judith Metz

Das Bilderbuch „Beste Freunde“ erzählt die Geschichte von Ben und Eddy. Sie sind beste Freunde und erleben zusammen die tollsten Abenteuer. Bis eines Tages der gleichaltrige Sam auftaucht, der auch mitspielen will. Bei Dreien ist einer zu viel und so kommt es zum Konflikt. Aufmerksam lauschen die Kinder der Geschichte und erzählen von ihren eigenen Erlebnissen. „Das kenn ich gut.“ sagt Alex. „Ich bin auch immer sauer, wenn meine Schwester eine Freundin zu Besuch hat und ich nicht mitspielen darf. Dann bin ich richtig motzig und es gibt Zoff.“ Ich werde neugierig und frage die Kinder, ob sie ein Bild von einem Streit malen möchten.

Als die Gemälde fertig sind, stelle ich weitere Fragen: Wann und warum streitet ihr? Was passiert dann mit euch? Muss es eigentlich Streit geben? Wie kann man sich wieder vertragen? Wir kommen darüber miteinander ins Gespräch. Ich bin erstaunt, was Kinder alles wissen und erzählen können!

Chris (5 Jahre)

„Ich habe den Streit aus dem Bilderbuch gemalt. Die Kinder haben so ein tolles Auto gebaut. Das sieht aus wie ein Dino. Ein Dinoauto. Und dann kam der Streit. Da sind die Kinder auf den Hügel hoch, bis die dunklen Wolken da waren. Und in dem Berg ist eine Höhle und eine Quelle. Da können sich die Kinder verstecken, wenn sie Angst haben. Wenn die Kinder dann ganz oben auf dem Berg sind, dann können sie sich wieder vertragen. Guck, sie geben sich ein Geschenk und alles ist wieder gut.“
„Glaubst du denn, man muss sich etwas schenken, damit man sich wieder verträgt?“ frage ich Chris.
„Nein, aber die Kinder im Buch haben Ben ja auch ein Riesenmonsterkistenauto geschenkt. Dann hat Ben gewusst, dass sich seine Freunde wieder vertragen wollen.“

Thorsten (5 Jahre)

„Wenn man wütend wird, dann wird das Gesicht ganz rot, weil man fühlt sich ganz zackig. So sieht dann auch der Mund aus. Guck mal, wie ich den gemalt habe: ganz zackig. Weil ich innen drin ganz wütend bin. Das ist wie bei einem Gewitter, so zackig. Ich brüll dann immer meine Mama ganz laut an. Aber die findet das gar nicht gut und schimpft dann noch lauter, dass ich nicht so laut brüllen soll. Ich muss dann immer in mein Zimmer gehen. Das hilft aber nur manchmal. Irgendwann vertrage ich mich dann wieder und dann ist alles wieder gut.“
Ich frage Thorsten, ob er sich wünscht, dass man niemals streitet. Er überlegt. „Nein, man muss auch mal streiten. Sonst weiß der andere ja gar nicht, wenn ich wütend bin.“

Amelie (5 Jahre)

„Wenn man Streit hat, kann man sich immer wieder vertragen. Ich finde Streit blöd. Aber manchmal muss man ja streiten. Dann kann jeder was sagen. So was er will. Und dann hat einer recht oder auch manchmal nicht. Ich wein dann immer und dann kommt Oma und tröstet mich. Den Regenbogen habe ich gemalt, weil man sich ja wieder vertragen kann. Das ist auch schön und der Regenbogen ist auch schön bunt.“

Edith (4 Jahre)

„Also ich hatte mal Streit mit meinem Bruder, aber wir haben uns einfach wieder vertragen. Weil der Liam hat ein großes Fahrrad und ich habe nur ein kleines. Das finde ich ungerecht und dann hatten wir gestreitet.“
Ich frage Edith, wie sie es geschafft haben, sich wieder zu vertragen. „Mein Papa hat gesagt, dass mein kleines Fahrrad auch toll ist. Da sind jetzt die Stützräder ab, aber ich kann noch nicht alleine fahren. Aber bald. Dann bin ich (sie zählt ihre Finger) fünf und auch groß.“

Alex (5 Jahre)

Auch Alex erklärt mir sein gemaltes Bild: „Guck, da zanken sich die Kinder. Und dann sagt einer: Komm wir vertragen uns wieder. Ich gebe dir ein Geschenk. Und dann küssen sie sich und alles ist wieder gut.“
Ich bin überrascht über Alex Malkünste, denn er schien schon einen inneren Plan für das Bild zu haben, bevor er zu malen anfing. Zuerst malte er ein Geschenk mit einem Pfeil auf die obere Hälfte des Blattes. Dann
zeichnete er sechs Kreise − die Köpfe der Kinder − nebeneinander.
Und mit einigen wenigen Strichen den Rest. Jedes Einzelbild wurde umrahmt.
Auf meine Frage, was denn das Geschenk oben auf dem Blatt bedeutet sagt er: „Das ist, wie man es machen muss: Einfach sagen ‚Komm, wir vertragen uns wieder.‘ Und fertig.“

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