06.02.2023
Helia Schneider

Fürsorge und Pflege - ein Gedanke zu Begrifflichkeiten

In dem Begriff Fürsorge stecken zwei Begriffe: FÜR und SORGE. Daraus lässt sich ein „für jemanden Sorge tragen“ weiterspinnen und um die Gedanken „sich um jemanden kümmern“ und „dazu beitragen, dass es jemandem gut geht“ erweitern. In diesem Artikel teilt unsere Autorin ihre Gedanken zu den Begrifflichkeiten Fürsorge und Pflege.

Es ist schön zu wissen, dass Sorge nicht nur negativ belegt ist (mich um etwas sorgen), sondern auch einen positiven Aspekt hat. Pflege lassen wir sehr jungen Menschen angedeihen, wie neugeborenen und jungen Kindern, zudem auch erkrankten, eingeschränkten, älteren und dadurch pflegebedürftigen Menschen. Auch Pflanzen, Tieren, dem eigenen Körper (Körperpflege) oder Dingen (z. B. einem schönen Holzmöbel) lassen wir regelmäßige Pflege zukommen. In unterschiedlichen Arbeitsbereichen (z. B. Senioren- und Altenpflegewohnheim, Krankenhaus, Geburtsstation, Kindertagesstätte) sind verschiedene Qualitätsstandards festgelegt, wie die Pflege und Fürsorgesituationen gestaltet und die Tätigkeiten ausgeübt und durchgeführt werden sollen.

Die beziehungsvolle Pflege

Die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler (1902–1984) eröffnete nach dem Zweiten Weltkrieg ein Kinderheim für Säuglinge und junge Kinder. Ihr Pflegekonzept beruhte auf der Annahme: Widmet sich eine Pflegerin intensiv einem Kind und führt alle Pflegehandlungen zugewandt, im 1:1-Kontakt aus, wird sich das Kind von dieser Begegnung so gesättigt und befriedigt fühlen, dass es sich in den anderen Zeiten interessiert forschend seiner Umwelt zuwendet und spielt.

Emmi Pikler widerlegte dadurch die Annahme, dass alle Kinder, die in einem Kinderheim aufwachsen, hospitalisiert werden. Kernstück ihrer Pädagogik ist die „beziehungsvolle Pflege“, die die innere Haltung Menschen gegenüber, für die wir sorgen und die wir pflegen, beschreibt. Diese ist geprägt von Achtung, Respekt, Wertschätzung, Behutsamkeit, Feinfühligkeit, Achtsamkeit und Zugewandtheit. Vertrauen in ein jedes Kind zu haben, sich Zeit zu nehmen, ein jedes Kind intensiv zu beobachten und wahrzunehmen, es immer kooperieren zu lassen sind wesentlicher Bestandteil dieser Haltung, die Grundlage der folgenden Ausführungen sein soll.


WISSEN

Ereignisreiches Miteinander - was heißt das?

Das Kind …

… hat die Möglichkeit, eine Bezugsperson für sich allein zu haben. … genießt den intensiven Beziehungsmoment.
… kann etwas über sich und seinen Körper erfahren.
… ist mit allen seinen Sinnen beteiligt und darf selbstständig handeln.
… fühlt sich selbstwirksam.
… lernt Sprache, neue Wörter, neue Begriff e, neue Zusammenhänge.
… erfährt im wechselseitigen Miteinander etwas über die Welt und kann zudem Neues lernen.
… kann mögliche „Schreckmomente“ besser verarbeiten. Beispiel: Mein Kopf klemmt im engen Pulli. Mir wird geholfen und es ist schnell wieder besser.
 … erlebt, wie seine autonome Bewegungsentwicklung unterstützt wird.


Impuls

Fürsorgliches Handeln in Pflegesituationen in Kitas

  • Ich habe dich im Blick. Ich achte auf dich, damit ich wahrnehme, was du brauchst.
  • Ist mir bewusst, wie grob und fordernd meine Hände bei assistierenden Tätigkeiten sein können?
  • Ich mache dir ein Angebot, wenn ich das Gefühl habe,du bist innerlich abgelenkt und mit anderem beschäftigt.
  • Zum Beispiel: Ich biete dir ein Taschentuch an weilich sehe, dass du dein Nasensekret mit dem Ärmel abwischst – es scheint dich zu stören. Ich nehme die Wundsalbe, wenn dein Po rot ist, und kündige dir mein Tun an.
  • Ich achte auf Allergien und suche Kompromisse/Alternativen, wenn es etwas gibt, was du gerne essen möchtest, aber nicht darfst.
  • Ich biete dir etwas zu trinken an, wenn du viel gerannt bist und geschwitzt hast.
  • Ich frage dich, ob du dich ausruhen oder sogar schlafen möchtest, wenn ich sehe, dass du Zeichen von Müdigkeit zeigst.
  • Ich achte darauf, den Schal oder die Bändel von der Mütze nur leicht zuzuziehen, sodass es für dich angenehm ist.
  • Was ist für dich unangenehm und wie kann ich reagieren?
  • Ich achte darauf, in welcher Weise ich dir beim An- und Ausziehen assistieren kann. Zum Beispiel: Ist der Kopfausschnitt deines Pullis eng? Sind die Schuhe, die du anziehen sollst, zu klein?
  • Ich biete dir eine Jacke an, wenn ich sehe, dass deine Lippen blau und deine Hände rot sind.
  • Ich bemühe mich einzuschätzen, ob du ein Kind bist, das eine leicht erhöhte Temperatur hat, jedoch ohne
  • Einschränkung und Leidensdruck weiterspielen kann und nicht abgeholt werden muss.
  • Ich stehe für dich ein, dass du nicht in die Kita gebracht bzw. von deinen familiären Bezugspersonen abgeholt
  • und mit nach Hause genommen wirst, wenn du krank bist.
  • Ich helfe dir gerne, dich umzuziehen. Ich begleite dich liebevoll, wenn Pipi in die Hose gegangen ist. Wie gleichwürdig spreche ich mit dir in dieser Situation?

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