22.10.2020
Kati Nguimba

Ein Kitablog für die Corona-Krise

Wie die Pandemie unsere Kontaktaufnahme mit Eltern verändert hat und was wir daraus für die Zukunft gestalten wollen. Ein Erfahrungsbericht mit Potenzial für mögliche weitere Schließzeiten.

Wir sitzen in der Mittagspause. Die beiden Kinder in der Notbetreuung schlafen. Wir reden über diese seltsame Zeit und die nicht anwesenden Kinder. Es schleicht sich das Gefühl ein, dass wir langsam die Verbindung verlieren. Wir fragen uns, was die Kinder wohl zu Hause erleben. „Die Mutter von Alina meinte, sie wisse gar nicht, was sie den ganzen Tag mit ihrer Tochter anfangen soll.“ Kopfschüttelnd berichtet Karla von diesem Gespräch. Andere Kolleginnen hatten zu Beginn der Schließung ähnliche Gespräche mit Eltern geführt. Natürlich verbringen die Eltern mit ihren Kindern die Wochenenden und die Ferien. Jetzt haben wir aber eine neue Situation. Eltern betreuen nicht nur ihre Kinder, sie müssen mit älteren Kindern Aufgaben für die Schule erledigen oder selbst im Homeoffice arbeiten. Wir stellten uns die Zeit zu Hause als einen endlos dahinfließenden Strom Langeweile vor. Denn auch zwei Kinder in der Kita zu betreuen schien anfangs verlockend – und war irgendwann wenig abwechslungsreich. Weitere Themen machten uns Sorge: häusliche Gewalt, Gewalt an Kindern, räumliche Enge, finanzielle Not. Das sind Probleme, die viele unserer Familien ohnehin bewegen. Wie mag es den Kindern und ihren Eltern in der Zeit ergehen? Wie könnten wir mit den Eltern in Kontakt kommen, ohne übergriffig zu werden? Es war nicht vorstellbar, regelmäßig 115 Eltern anzurufen, um sie zu beraten.

Direkter Draht in die Familien

So entstand die Idee eines Kitablogs. Ich hatte mir schon vor ein paar Jahren ein E-Portfolio mit weebly.com eingerichtet, die Website des trägereigenen Instituts mit jimdo.com erstellt und einen eigenen Blog mit wix.com gebastelt. Bei allen drei Anbietern sind Websites oder Blogs einfach und intuitiv zu erstellen. In wenigen Minuten ist die Seite eingerichtet und der erste Blogbeitrag kann geschrieben werden. Man wählt die kostenfreie Variante oder kauft eine eigene Domain. Es gibt unterschiedliche Bezahlvarianten, mit denen abgestufte Möglichkeiten der Nutzung verbunden sind. Wichtig ist, Datenschutz und Urheberrechte zu beachten. Es gibt Seiten, auf denen kostenfreies Bildmaterial zur Verfügung steht. Natürlich kann man eigene Fotos machen. Dann sollten abgebildete Personen nicht erkennbar sein oder eine Einverständniserklärung unterschreiben. Wir entschieden uns für die kostenfreie Variante eines Anbieters. Ich bat alle Teammitglieder, Ideen für den Blog beizutragen. Gleich am nächsten Tag trudelten die ersten ein. Ich erstellte drei Kategorien: „Malen und basteln“, „Spiel und Bewegung“ und „Mit Kindern über Corona reden“. Nach ein paar Tagen ging der Blog mit den ersten Beiträgen online. Wir verfassten eine Mail an die Elternvertreterinnen und Elternvertreter mit Informationen zu unserem Blog, schickten den Link mit und baten, ihn an alle Eltern weiterzuleiten.

Schnelle Rückmeldungen

Schon am nächsten Tag bekamen wir begeisterte Rückmeldungen. Um noch mehr Eltern zu erreichen, erstellte ich ein Instagram- und ein Facebook-Konto. Auch andere Menschen wurden auf unseren Blog aufmerksam. Nach drei Wochen stellte sich heraus, dass manche Eltern auch andere Fragen hatten und einige Unterstützung bei finanziellen Problemen brauchten. Unsere Sorgen um Kinder in herausfordernden familiären Verhältnissen wuchsen. Wir führten eine vierte Kategorie ein: „Fragen zur Erziehung“. Dort erstellten wir unter anderem einen Beitrag mit Links für Familien. Von Kindergeldzuschlag bis hin zu Hilfe bei häuslicher Gewalt sind unterschiedliche Unterstützungsangebote zu finden. Außerdem verlinkten wir die Seite mit den Angeboten vom Quartiersmanagement aus dem Kiez. Mit der Erweiterung der Notbetreuung hielt eine weitere Kategorie Einzug: „Was ist in der Kita los?“ Wir zeigten, was wir in der Kita bearbeiteten – beispielsweise die Renovierung unserer Krippenräume. In einem Brief an alle Familien verwiesen wir nochmal auf unseren Blog. Nach und nach nahmen die Fachkräfte telefonisch Kontakt zu Eltern auf und wiesen ebenfalls auf unseren Blog hin. Natürlich denken wir auch darüber nach, ob und wie wir den Blog später weiter nutzen können. Beispielsweise können wir regelmäßig einmal im Monat vom Kitaleben berichten, Fragen zur Erziehung fortlaufend beantworten, unsere pädagogischen Ziele darstellen und ebenso unsere pädagogische Arbeit. Der Kontakt zu den Eltern ist durch den Blog aufgelebt. Wir haben erfahren, wie es den Kindern geht. Wir beraten Eltern und unterstützen sie bei Hilfsanträgen. Einige Kinder haben uns Bilder geschickt. Im Schnitt gab es während der Notbetreuung pro Woche 150 Zugriffe auf unseren Blog. Weitere Rückmeldungen von Eltern und Fachkräften anderer Kitas zeigen, dass die Idee gut ankommt. Und eine andere Kita unseres Trägers lässt sich gerade von uns bei der Erstellung eines eigenen Blogs unterstützen

Kati Nguimba leitet eine Berliner Kita. Außerdem arbeitet sie als Fortbildnerin und in der Fachberatung.

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