29.03.2022
Silke Jülg

Das Team vor Vorwürfen schützen

Leitung und Fachkräfte dürfen sich gegen unsachliche Kritik wehren, sollten Elternbeschwerden aber nicht persönlich nehmen. Wer die Klagen ernsthaft aufnimmt, kann daraus auch Verbesserungsvorschläge ableiten.

Die Fachkräfte bringen ihre Ideen, Interessen und Stärken ein. Sie stellen den Tagesablauf und die Projekte im Kindergarten für die Eltern transparent dar. Eltern und Fachkräfte sollten eine Erziehungspartnerschaft aufbauen. Doch was tun, wenn diese Erziehungspartnerschaft gestört ist? Was tun, wenn Eltern sich über die pädagogische Arbeit beschweren? Wie können der Träger und die Leitung das Team vor Anschuldigungen schützen? Es ist daher wichtig, dass sich das Kitateam darüber einig ist, wie es mit Elternbeschwerden oder Verbesserungsvorschlägen umgeht.

  •  Eine Kita muss klar definieren: In welchen Angelegenheiten dürfen die Eltern mitentscheiden? Bei welchen Punkten nicht? Über welche Beschwerden informieren die Fachkräfte die Leitung und über welche sogar den Träger?
  •  Sollten Eltern Sie (verbal) angreifen, so atmen Sie erst mal tief durch.
  • Rechtfertigen Sie sich nicht.
  • Sie sollten Vorwürfe der Eltern nicht als Beschwerde oder persönlichen Angriff sehen, sondern als Verbesserungsvorschlag. Eigene Fragen oder Vorschläge können in einem kurzen Tür-und-Angel-Gespräch geklärt werden. Andernfalls kann ein Extratermin vereinbart werden.
  •  Sie müssen auf Vorschläge oder Beschwerden nicht sofort reagieren. Nehmen Sie das Problem mit ins Team und gehen Sie nochmals auf die Eltern zu.
  •  Tragen Sie Konflikte nicht auf dem Flur oder vor den Kindern aus.
  • Sind die Eltern oder Sie emotional aufgewühlt, so verschieben Sie das Gespräch auf einen anderen Zeitpunkt.
  • Bevor Sie ein Gespräch führen, dokumentieren Sie den Konflikt: Was ist passiert? Wer war an der Situation beteiligt? Welche Maßnahmen haben die Fachkräfte bereits ergriffen?
  •  Gehen Sie immer zu zweit ins Konfliktgespräch und überlegen Sie im Vorfeld: Wer sollte daran teilnehmen? Welche Punkte wollen Sie besprechen? Welche Ziele und Maßnahmen sind sinnvoll?
  • Halten Sie den Verlauf und die Ziele des Gesprächs stichpunktartig fest und lassen Sie dies von allen Beteiligten unterschreiben.

 

Alltäglich gibt es einiges zu tun. Die Fachkräfte gestalten den Kindergartenalltag mit den Kindern, starten Projekte oder planen Feste. Die Portfolios werden aktuell gehalten, Elterngespräche geführt und ganz nebenbei wird der Entwicklungsstand des Kindes mit verschiedenen Beobachtungsinstrumenten dokumentiert. Bei Entwicklungsverzögerungen werden sonderpädagogische Beratungsstellen hinzugezogen. Um den Übergang für die Vorschüler möglichst sanft zu gestalten, kooperieren Kitas mit der zuständigen Grundschule.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, Paul ist vier Jahre und schläft täglich in Ihrer Kita. Sie haben das Gefühl, Paul braucht den Schlaf, aber die Eltern sind plötzlich der Meinung: Er soll nicht mehr ruhen, denn abends schlafe Paul nur noch schwer ein. Was können Sie tun?

Zuerst nehmen Sie die Eltern ernst und sagen ihnen, dass Sie das Anliegen verstehen. Besprechen Sie im Team, wie Sie vorgehen, und laden Sie die Eltern zu einem kurzen Austausch in die Kita ein. Was denken Sie: Braucht Paul einen Mittagsschlaf? Wie ist sein Tagesablauf? Wie lange ist der Junge in der Einrichtung? Wie haben Sie die Schlafsituation in der Konzeption verankert? Gäbe es für Paul eine Alternative zum Schlafen? Notieren Sie sich verschiedene Lösungsvorschläge und besprechen Sie, welche sowohl für Paul als auch für Ihren Tagesablauf stimmig sind. Hören Sie den Eltern beim Gespräch aktiv zu und nehmen Sie deren Bedenken ernst. Verdeutlichen Sie Ihren Standpunkt, indem Sie das Grundbedürfnis Schlaf thematisieren.

Gemeinsame Lösung

Finden Sie eine gemeinsame Lösung und probieren Sie diese aus. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Für das eine Kind ist es jetzt wirklich Zeit, den Mittagsschlaf wegzulassen. Doch einem anderen Kind, das zehn Stunden täglich in der Einrichtung verbringt und bereits um sechs Uhr aufsteht, ist der Mittagsschlaf ein Grundbedürfnis.

 In der pädagogischen Arbeit treffen viele Meinungen und Erziehungsstile aufeinander. Umso wichtiger ist es, sich sowohl im Team als auch mit der Leitung und dem Träger regelmäßig auszutauschen. Alle gemeinsam können Lösungen finden und ausprobieren. Damit der Träger sein Team vor Anschuldigungen schützen kann, ist eine ausführliche Konzeption unabdingbar. Durch die Prozessbeschreibungen darin wissen Eltern und auch die Pädagogen ganz genau, wie Tagesablauf, Schlafsituation und ähnliches in der Einrichtung gestaltet werden. Anhand dieser Konzeptionen können sich die Eltern für oder gegen die Einrichtung entscheiden – grundlegende Themen müssen nicht immer wieder neu diskutiert werden.

 Silke Jülg ist Autorin von Schulhüpfer auf dem Weg in die Schule (Verlag an der Ruhr), arbeitet als Pädagogin im Elementarbereich

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