22.10.2020
Susanne Zabel-Lehrkamp

Das sind wir!

Wer das eigene Profil schärft, wird öffentlich eher mit seinen Stärken wahrgenommen. Das gelingt aber nur, wenn das Team eingebunden wird und der gewählte Schwerpunkt auch zur Einrichtung passt.

Im Bildungsplan ist vorgeschrieben, was Kitas leisten müssen. Doch was unterscheidet Ihre Einrichtung von anderen in Ihrer Umgebung? Was macht Ihre Kita einzigartig? Was sind die Punkte, die Ihr Herz höherschlagen lassen? Darüber sollten Sie nachdenken, bevor Sie ihr Profil erarbeiten. Ein Beispiel: Eine Kita mit hohem Anteil an Familien und Kindern mit Migrationshintergrund bietet ein spezielles Förderprogramm Sprache an. Der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit liegt auf Sprachentwicklung und den damit einhergehenden weiteren Fördermöglichkeiten zur Inklusion von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen und/ oder Migrationshintergrund. Das Bild dieser Kita in der Öffentlichkeit ist von Klischees bestimmt. Familien mit hohem Bildungsgrad meiden die Einrichtung, weil sie von der Außendarstellung nicht begeistert sind und sich für ihre Kinder vielfältigere Angebote wünschen.

Dabei haben die Fachkräfte in dieser Einrichtung einiges zu bieten. Nur: Was nützen all die tollen Angebote und Zusatzausbildungen, die Kooperationen und Ideen, wenn sie nicht wahrgenommen werden?

Um die deutsche Sprache besser erlernen zu können, ist die Peer-Group entscheidend. Um gute Bildungsvor-
aussetzungen für die Kinder zu schaffen, ist eine heterogene Gruppe von Kindern aus allen Bildungsschichten, mit und ohne Migrationshintergrund sowie mit besonderen Bedarfen erstrebenswert.

Die pädagogischen Fachkräfte bieten den Kindern das freie Spiel im Garten
bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen an. Darüber hinaus gibt es Kooperationen mit einem Naturkindergarten und einem Sportverein, und die Turnhalle wird häufig genutzt. Die pädagogischen Fachkräfte besitzen Zusatzqualifikationen in Psychomotorik, Sport und Bewegung. Bewegung und Natur sind somit weitere Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit, die von außen jedoch nicht richtig wahrgenommen werden.

Um das Profil der Kita zu schärfen, gilt es also, das, was geleistet wird, sichtbar zu machen und somit Familien aus allen Bildungsschichten anzusprechen.

 Ein langer Weg? Viel Arbeit?

Nein. Das Team macht genau dieselbe Arbeit wie zuvor, nur dass diese nun über die Eltern-Infowand, über Veranstaltungen, Ausflüge und neue Kooperationen in den Fokus gerückt wird. Die offizielle Zertifizierung als Sport- und Bewegungskindergarten schärft das Profil der Kita zusätzlich. Diese „Bestätigung“ des Schwerpunktes wird natürlich richtig gefeiert, und die Presse berichtet darüber.

Um die Zertifizierung zu erhalten, bedarf es einiger Nachweise und Dokumentationen. Die Mühe lohnt sich: Das erweiterte Profil spricht andere Familien an, was das Klientel der Kita nachhaltig verändert. Da die Bildungsbereiche Sprache und Motorik zusammengehören, ist der „stille Partner“ nun sichtbar.

Noch eine Info: In derselben Kita versuchte eine Kollegin, einen Wettbewerb im Forschen und Experimentieren mit der Kita zu gewinnen und das Profil in diese Richtung zu verändern. Dies gelang nicht. Weil das Team nicht dahinterstand? Vielleicht, weil es nicht zu den persönlichen Interessen der pädagogischen Fachkräfte passte? Oder weil das Team kaum mit einbezogen wurde? Vielleicht, weil die Kinder den Bildungsbereich nicht so spannend fanden? Vielleicht, weil der Bildungsbereich nicht ansprechend genug vorbereitet war?

 Das zeigt: Jeder Schritt will gut geplant sein. Und vor jeder Veränderung muss die Leitung das Team überzeugen.

Hat Ihre Kita bereits ein Profil?

Aktuell müssen Eltern einen angebotenen Platz meist annehmen und können nur bedingt wählen, in welcher Kita sie sich wohlfühlen und welches Profil sie unterstützen. Doch was wäre, wenn nicht? Weshalb sollten Eltern ihr Kind dann gerade in Ihrer Kita anmelden?

Profilbildung bedeutet nicht, dass Sie einen Bildungsbereich weniger bedienen, sondern dass Sie sich auf einen oder zwei Bildungsbereiche konzentrieren.

Was machen Sie und Ihre Fachkräfte am liebsten und vielleicht auch am meisten? Setzen Sie genau hier an und nehmen Sie Ihr Team mit. Wenn Ihr Herz beim Thema Natur höherschlägt und sie im Wald so richtig entspannen, könnte dies genau Ihr Schwerpunkt sein. Sie könnten Naturerlebnisse ausbauen mit Waldtagen, täglichen Spaziergängen, Basteln mit Naturmaterialien und ähnlichem mehr.

Beim Spazieren über verschiedene Untergründe, beim Klettern, Stöcke schnitzen und Rennen im Wald schulen Sie die Motorik. Sie beantworten die Fragen der Kinder und benennen, was sie sehen, und Sie singen beim Wandern – damit schaffen Sie quasi nebenbei exzellente Sprachbildung. Beim Hüpfen in die Pfütze, beim Bauen eines Tipis, beim Beobachten von Tieren forschen Kinder wie von selbst.

Wer ein Profil besitzt, präsentiert seine Arbeit gerne und selbstbewusst. Nutzen Sie Ihr Profil und zeigen Sie, was Sie tun: im Kinderportfolio, an der Eltern-Infowand, im Gemeindeblatt, in der Presse, bei Festen oder zum Tag der offenen Tür.

Impulsfragen für das Team:

  • Wofür brennen Sie?
  • Was lässt Ihr Herz höherschlagen?
  • Was machen Sie am häufigsten?
  • Welcher Bildungsbereich wird in Ihrer Kita am stärksten bedient? Woran liegt das?
  • Was brauchen die Kinder?
  • Was spielen die Kinder am liebsten?
  • Was wünschen sich die Eltern?
  • Haben Sie einen Namen? Wofür steht der Name? Assoziationen zum Namen?
  • Passt Ihr Name zum Profil?
  • Was glauben Sie, welchen Schwerpunkt Ihrer Kita die Öffentlichkeit wahrnimmt?
  • Welchen Schwerpunkt hätten Sie gerne?
  • Wer könnte Ihre Einrichtung unterstützen?  

Gut zu wissen:

  • Es gibt verschiedene Projekte und Wettbewerbe. Viele davon orientieren sich an Defiziten von Kindern, die es auszugleichen gilt. Das definiert den Fokus der Kita und damit auch die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit über die Defizite.
  • Das gesamte Team muss das geschärfte Profil und den festgelegten Schwerpunkt mittragen.
  • Erfolge sollten unbedingt gefeiert werden, und das auch mal mit der Presse.

Susanne Zabel-Lehrkamp arbeitet als Sozialpädagogin mit den Schwerpunkten Inklusion und Zusammenarbeit mit Eltern.

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