06.11.2023
Petra Görgen, Michaela Lambrecht

Nikolausbesuch in der Krippe

Schöner Brauch oder einfach noch zu früh?

Juhu, der Nikolaus kommt: Gilt das auch schon für Krippenkinder oder haben gerade jüngere Kinder eher Angst vor der verkleideten Gestalt? Und: Ist ein Nikolausabend in Zeiten von erhöhter Infektionsgefahr und Personalmangel überhaupt machbar? Unsere Autor:innen sind geteilter Meinung.

KrippenKInder

Pro

Der Nikolaus gehört, wie das Christkind und der Osterhase, zum festen Bestandteil unseres Brauchtums. Direktes Erleben ist wichtig und nicht zu ersetzen.

 Pädagogische Einrichtungen sollten Kindern deshalb diese historische Figur, die armen Menschen half, ohne selbst erkannt werden zu wollen, altersgerecht nahebringen. Leider gibt es auch heute noch Erwachsene, die den Nikolaus - oder seinen Knecht Ruprecht - als Furcht einflößenden, mahnenden und strafenden Mann zu fragwürdigen erzieherischen Zwecken missbrauchen. Dieses Bild stammt oft aus der eigenen Kindheit und hat sich dauerhaft, manchmal sogar traumatisierend in den Köpfen vieler festgesetzt. Umso wichtiger ist es, durch Lieder, Gedichte, Fingerspiele und Bilderbücher die Kinder positiv auf den Besuch des Nikolaus einzustimmen. Ist Vorfreude nicht die schönste Freude? Wo bleibt die Vorfreude, die ja bekanntlich die schönste ist, wenn die Kinder lediglich einen gefüllten Stiefel vorfinden? Verstehen Kinder unter drei Jahren diese Geste überhaupt?

Oft heißt es, der Nikolausbesuch sei ein zu großer Aufwand. Aber es bedarf doch gar keiner speziellen, zeitraubenden Vorbereitung. Singen und Vorlesen sollten ohnehin zum Krippenalltag gehören. Und sicher gibt es einen Elternteil oder ein Teammitglied, das gerne bereit ist, die Rolle des Nikolaus zu übernehmen. Mit dem Nikolausbesuch fällt außerdem das Thema „Socken/Stiefel einsammeln“ fürs Personal weg. Der Besuch in persona kann also durchaus Ressourcen einsparen.

Wichtig ist vor allem, wie der Nikolaus sich verhält: Der Nikolaus sollte empathisch, ruhig und freundlich auftreten. Vielleicht singen alle gemeinsam ein Lied und begrüßen damit einen Menschen, der sich mit den Kindern auf Augenhöhe befindet, anstatt auf einem Thron zu sitzen, mit dem gefürchteten goldenen Buch in Händen, in dem sämtliche zu maßregelnde Schandtaten aufgelistet sind. In seinem Sack befinden sich Gaben wie Mandarinen, Äpfel oder auch ein kleines Spielzeug. Wichtig ist auch dieser Gedanke: Jedes Kind bekommt vom Nikolaus persönlich sein Geschenk überreicht, ohne dafür etwas leisten zu müssen! Das gilt für jüngere wie für ältere Kinder. Denn Menschen, die von Herzen schenken, verlangen keine Gegenleistung. Genau das wollen wir unseren Kleinen doch von Anfang an vorleben.

Unter Dreijährige müssen auch nicht die Lebensgeschichte des Nikolaus kennen – es reicht, wenn sie ihn mögen, anstatt Angst vor ihm zu haben. Genau deshalb gehört ein selbstloser und gütiger leibhaftiger Nikolaus in jede Einrichtung, die ihren Bildungsauftrag ernst nimmt – ein Nikolaus zum Anfassen.  

Petra Görgen ist Autor*in des Buchs „Sorgenkind Kita“, Mutter von erwachsenen Drillingen und seit mehr als 25 Jahren Erzieher* in. Petra Görgen ist Musiker* in, Grafiker*in, Werbetexter* in und Buchautor*in und setzt sich für die Themen „Gewaltfreie Kindheit“ und „Genderneutrale Pädagogik“ ein.


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Contra

(fremder) Nikolaus ängstigt Krippenkinder oft!

Im Dezember ist nicht nur Weihnachten, sondern es kommt auch der Nikolaus. Manchmal kommt der Nikolaus sogar zu den Kindern nach Hause, meist aber auf jeden Fall in die Einrichtung. Dort wird dann vielleicht aus dem goldenen Buch über das Verhalten der einzelnen Kinder oder der Gruppe vorgelesen. In einigen Krippen wird dieses Ritual in dieser Form übernommen. Aus meiner Sicht keinesfalls eine gute Entscheidung.

Leider wird der Nikolaus immer noch sehr häufig als eine Art „Erziehungshelfer“ eingesetzt. Kennen Sie Sprüche wie „Seid schön brav, damit euch der Nikolaus etwas bringt“ oder auch „Wenn das der Nikolaus sieht ...!“ noch aus Ihrer eigenen Kindheit? Diese Art der „schwarzen Pädagogik“, die mit Angst erziehen möchte, ist untragbar. Für sehr junge Kinder ist es zudem meist mit Angst verbunden, wenn eine fremde und auch noch verkleidete Person in die Krippe kommt. Gerade Kinder unter drei Jahren, die in den Corona-Jahren pandemiebedingt viel zu Hause waren und wenig fremde Menschen gesehen haben, könnten auf den Nikolaus mit Angst oder Ablehnung reagieren.

Meiner Meinung nach sollten wir aus pädagogischer Sicht Krippenkindern die Angst und die Anspannung vor dem Besuch des Nikolauses ersparen – und dem Team außerdem jede Menge Vorbereitung und Organisation. Warum nicht einfach ein paar Tage vor dem Nikolausabend die Legende des heiligen Nikolaus gemeinsam lesen oder auch anhand eines Geschichtensäckchens erarbeiten?

Eine schöne und altersgerechte Methode für den Nikolausbesuch kann dann sein, dass die Kinder eine Socke von zu Hause mitbringen dürfen, die von den Fachkräften heimlich gefüllt und aufgehängt wird. Am nächsten Tag, wenn die Kinder in die Krippe kommen und die Socken entdecken, verstehen sie, dass der „Nikolaus“ da war, um ihnen eine Überraschung zu bereiten und kleine Geschenke zu hinterlassen. Auf diese Weise erleben die Kinder den Besuch des Nikolaus als etwas Positives und freuen sich auf den nächsten Nikolausabend bzw. Nikolaustag im nächsten Jahr.

Michaela Lambrecht ist Sozialpädagogin und Erzieherin. Derzeit arbeitet sie als freiberufliche Fachautorin für Frühpädagogik, gibt Fortbildungen und ist als Dozentin an der Internationalen Hochschule im Studiengang Kindheitspädagogik tätig. Kontakt: Instagram @fitmachtschlau und www.fitmachtschlau.de

Bildquellen Romrodinka / GettyImages
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