13.10.2023
Saskia Wollner-Jungheinrich

Der künstliche Kollege

Digitalisierung

Ein neuer Chat-Roboter hat den Markt erobert: ChatGPT. Aber was hat es mit dem Bot auf sich? Und kann er für die Kita nützlich sein?

Praxis Kitaleitung

Ob in einem Gespräch aufgeschnappt oder bereits ausprobiert, kaum einer kommt um die künstliche Intelligenz, die sogenannte KI, herum. Angefangen bei Bildbearbeitungsprogrammen, die Hautunreinheiten wegzaubern, Chat-Robotern, die unsere Kundenanfragen auf Webseiten klären, nun zu KI-Systemen, die ganze Texte für uns schreiben.

Die künstliche Intelligenz ist aus den IT-Systemen kaum wegzudenken. In vielen Fällen ersetzt sie bereits „echte“ Menschen und kann so schneller, effektiver (und in den meisten Fällen) fehlerfreie Ergebnisse erzielen – ganz zum Gefallen der Auftraggeber.

KI in der Kita

Aber Moment, was hat das mit der Kita zu tun? Sollen Kinder nun von Robotern betreut werden?

Nein. So weit ist es (noch) nicht. Und dennoch haben viele Leitungen bereits die Vorzüge von unterstützenden KI-Systemen entdeckt. Beispielsweise in Übersetzungsapps für Eltern mit Migrationshintergrund oder in der Bildbearbeitung, wenn ein Schnappschuss nicht perfekt gelungen ist. Ein neuer Begleiter im Leitungsbüro ist nun ChatGPT.

ChatGPT heißt „Chat Generative Pre-trained Transformer“ – im Grunde ein Datennetzspeicher aus unzähligen Texten und Informationen, der dem Nutzer ermöglicht, Antworten auf eine spezielle Frage zu bekommen. Dabei reproduziert die KI die Antwort aus dem, was es abgespeichert hat. Ähnlich wie wir es auch von Alexa (Amazon) oder Siri (Apple) kennen – nur eben textbasiert. Die erste Version von ChatGPT wurde 2018 von der Stiftung OpenAI veröffentlicht. Aktuell steht dem Endnutzer eine kostenfreie, aktualisierte Version zur Verfügung.

Ein kleiner Helfer

Doch zurück zum Kita-Alltag und den Möglichkeiten eines solchen Tools. Alle Kita-Leitungen kennen es: Personalmangel, unzufriedene Eltern, erschöpfte Mitarbeiter:innen und genau jetzt kommt der Träger auf die Idee, dass der Flyer der Kita neu gestaltet oder die Homepage überarbeitet werden soll. In solchen Momenten fließen die Worte meist nicht ganz so flüssig und der abzugebende Text wirkt eher von einem Schulkind als von einer professionellen Fachkraft geschrieben. Genau hierbei kann ChatGPT die Lösung sein. Durch seine Programmierung hat der Bot Zugriff auf unzählige Informationen und kann, gerade bei Formulierungsblockaden, eine echte Hilfe sein.

Schauen wir uns das in einem Beispiel genauer an: Ich bekomme als Leitung die Aufgabe, in einem Flyer zu beschreiben, wie eine gute Eltern- Fachkräfte-Partnerschaft gelingen kann. Meine Frage an ChatGPT lautet demnach:

„Wie kann Elternpartnerschaft in einer Kita gelingen?“

Die gekürzte Antwort vom Chat-Roboter:

Eine erfolgreiche Elternpartnerschaft in einer Kindertagesstätte ist von großer Bedeutung, um das Wohl und die Entwicklung der Kinder optimal zu unterstützen. Hier sind einige Möglichkeiten, wie die Elternpartnerschaft gelingen kann:

Offene Kommunikation

Eine regelmäßige und offene Kommunikation zwischen den Eltern und dem Kita-Team ist entscheidend. Dies kann durch Elternabende, Elterngespräche, Informationsbriefe, E-Mails oder digitale Kommunikationsplattformen erfolgen. (…)

Einbeziehung der Eltern

Eltern sollten in die Entscheidungsfindung und Planung der Kita-Aktivitäten einbezogen werden. Das kann durch Elternbeiräte, Elternversammlungen oder regelmäßige Feedback-Runden geschehen. Die Kita kann die Meinungen und Anregungen der Eltern wertschätzen und berücksichtigen, um eine gemeinsame Verantwortung für die Bildung und Betreuung der Kinder zu fördern.

Informationsaustausch über das Kind

Die Eltern sollten die Möglichkeit haben, regelmäßig über den Entwicklungsstand, den Tagesablauf und besondere Ereignisse ihres Kindes informiert zu werden. (…)

Zusammenarbeit bei der Förderung des Kindes

Eltern und Erzieher sollten gemeinsam daran arbeiten, das Kind in seiner Entwicklung zu fördern. Eltern können ihre Kenntnisse und Erfahrungen über das Kind einbringen, während die Erzieher ihr pädagogisches Fachwissen einbringen. (…)

Elternbeteiligung in der Kita

(…) Das kann durch die Unterstützung bei Ausflügen, Veranstaltungen oder Projekten geschehen. Eltern können ihr Fachwissen oder ihre Hobbys mit den Kindern teilen oder sich freiwillig engagieren. Eine aktive Beteiligung der Eltern in der Kita stärkt das Gefühl der Zusammenarbeit und des Gemeinschaftsgefühls. (…)

Diese Antwort kann nun so, oder in Auszügen abgewandelt, für den Flyer oder die Homepage verwendet werden. Durch die eingesparte Zeit und Energie können die Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden – in der Regel bei den Mitarbeiter:innen, den Eltern oder den Kindern.

Dabei ist der Einsatzbereich von ChatGPT grenzenlos. Ob für die Formulierung von Einladungen, Checklisten, Protokollen, Rückblicken oder Zeitungsartikeln: Die KI spuckt bei genauer Fragestellung die nahezu perfekte Antwort aus. Ist ChatGPT dadurch die Antwort auf alles? Nicht ganz.

Denn was bei Standardschreiben wie die Einladungen für einen Elternabend perfekt funktioniert, kommt der Bot, wenn es um die spezifische Niederschrift bestimmter Haltungen, Visionen oder Zielen geht, schnell an seine Grenzen. So ist beispielsweise bei der Erstellung einer Kita-Konzeption mithilfe des Bots Vorsicht geboten.

Die Grenzen der KI

Eine Kita-Konzeption soll das Leitbild, die Haltung und die Ziele der Kita widerspiegeln. Das geht nur, wenn sich die Verfasser, also das Kita-Team, intensiv über bestimmte Inhalte ausgetauscht und verständigt haben. Dieser Prozess kann weder von einem Außen stehenden noch von der KI übernommen werden. Natürlich kann ChatGPT einen Text zur Bedeutung von Eingewöhnungen ausspucken, die individuelle Überzeugung und Haltung der agierenden Fachkräfte würde jedoch fehlen. Somit wäre die KI-Konzeption nur ein perfekter Fachtext, aber keine gelebte Pädagogik.

Ebenso sollten die KI-Texte bei Verwendung immer auf Vollständigkeit und Wahrheit überprüft werden. Denn trotz seines präzisen Programmes, kann es vorkommen, dass der Bot falsche oder fehlerhafte Informationen herausgibt. Werden diese dann eins zu eins ohne vorherige Überprüfung verwendet, ist am Ende immer der Verwender des Textes, in diesem Fall die Kita, in der Haftung. Gehen wir auf unser Beispiel ein, dann wäre hierbei zu überprüfen, ob die von ChatGPT beschriebenen Angebote für Eltern auch wirklich von der Kita umgesetzt werden oder ob es ggf. noch weitere Maßnahmen gibt, die im Text nicht benannt sind.

Sinnvoll ist zudem, immer auf die Verwendung von ChatGPT hinzuweisen, um eine gewisse Transparenz zu gewährleisten und nicht das KI-Wissen für sein eigenes auszugeben. Ebenfalls sollte sich gemeinsam mit dem Träger auf eine Nutzungsvereinbarung solcher Programme verständigt werden, in der klar hervorgeht, wann eine Verwendung gestattet ist.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mithilfe von ChatGPT der Alltag in Kitas, gerade in stressigen Zeiten, erleichtert werden kann. Der Bot kann Orientierung, Anregung und Formulierungshilfe sein. Ebenso ist eine Verwendung für Standardschreiben wie Einladungen bedenkenlos. Bei komplexen und inhaltlich gelebten Texten, wie einer Konzeption, sollte die KI nur als Anregung oder Formulierungshilfe verwendet und nicht wortwörtlich kopiert werden. So bleibt sichergestellt, dass die „Seele“ der Kita und die gelebte Pädagogik nicht vernachlässigt wird oder gar verschwindet.

Saskia Wollner-Jungheinrich ist Kindheitspädagogin (B. A.), freiberufliche Dozentin und Fachberatung der Elementarpädagogik. Kontakt: www.eulenkinder.com

 

Bildquellen GettyImages / Muriel de Seze
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